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Die Parallelwelt der Eismine

- von Derin -

Prolog

Briesel war nicht erfreut gewesen. „EINE BEFÖRDERUNG? LERN ERSTMAL RICHTIG GRÜSSEN!“, schrie er, dass mir das Trommelfell dröhnte, „DIE MEISTEN REKRUTEN KOENNEN BESSER …“ Ich verlor irgendwie den Faden, als er herunterratterte, welche Fähigkeiten ich noch trainieren musste. Der Chef war mittlerweile krebsrot im Gesicht und mächtig in Fahrt. „UND WO ZUM HENKER IST DEIN BERICHT – ZEIT GENUG HATTEST DU DOCH?“ Hmm. Achja. So ein Mist. Der Bericht. Betreten betrachtete ich die Bindungen meiner Kampfstiefel. Sein nächster Satz ging in einem gewaltigen Niesen unter. Während ich an Kloiren vorbeiflüchtete, klingelten mir die Ohren: „UND SCHAFF DIESE @#$%$*$ KATZENHAARE HIER RAUSSSSSS!!!“

Massaker am Eingang

„DIE PARALLELWELT DER EISMINE“ malte ich kurz darauf bei Moorbeeren und Hecht in Schönschrift oben auf meinen Notizblock. Wo in Felinennamen war das eigentlich? „Gar nicht weit weg von Moulokin, bisschen südöstlich“, meinte eine Freundin. „Ist mir aber zu kalt da“, informierte sie mich und verschwand in einem Seesack, den sie von innen zuknotete. Seufzend packte ich die Winterklamotten und den unmodischen Bienenstachel aus Para-Drakonien aus. Als ich ankam, staunte ich nicht schlecht. Vor der Mine lag außer den erwarteten tagträumenden Eiselfen und ein paar Schneeflocken (in dieser Gegend ja keine Überraschung) auch die Leiche eines mausetoten und seltsamerweise schwarzen Schneemanns. Ich zückte meinen Notizblock und Bleistift und begann bei den wenigen Überlebenden Informationen zu dem Geheimnis des schwarzen Schneemannes einzuholen – schließlich hatte ich ja einen Bericht anzufertigen! Gerade erkundigte ich mich bei einem besonders blutrünstigen Eisbären nach seiner Lieblingsfarbe, als ein Vorgesetzter aus dem Struv einen Kampfsprung herein machte. „Los, komma mit, beim Schredra helfen!“, rief er, während ich noch salutierte. Wie zur Hölle kam ein Schredder hier rein, dachte ich, Lug war doch schon Ewigkeiten im Urlaub? Ich wusste, ich war etwas Großem auf der Spur.

Ein Schredder in der Eismine?

Ich beeilte mich, dem General zu folgen, der immer wieder hinter irgendwelchen Biegungen verschwand, sodass ich gar nicht die Zeit fand, mich umzuschauen. Irgendwann hatte er mich ganz abgehängt, sodass ich wohl prompt falsch abbog. „IIIIEH, ein Geist!“ kreischte ich mädchenhaft, als ich mich plötzlich einem schimmernden Etwas gegenübersah. Sekunden später kam der kampfspringende Zwerg mit einem chaotischen Begleiter hereingesaust und die Erscheinung war unseren vereinten Kräften erlegen. Vorbei an einem sehr kämpferisch anmutenden aber toten Zwerg (mit extrem empfehlenswertem Schuhwerk, das die Leiche noch an den Füssen hatte) und den schimmelnden Überresten eines viel fürchterlicheren Schneemonsters als gewohnt, Schneebällen und Schreckenswesen, ging es mal runter und mal rauf. Und ehe ichs mich versah, stolperte ich über die Leichen zweier Schreckenspriester hinter meinen beiden Kampfgefährten her durch einen Vorhang. In einem riesigen Raum empfing uns ein gewaltiger Schreckensdrache. Mehrere seiner Köpfe hingen bereits recht schlaff herab und irgendein Spaßvogel hatte dem armen Schuppentier die zugehörigen Hälse verknotet! Ich steckte den Notizblock weg und langte aufs Geratewohl den erstbesten Stab hervor, beschleunigte meine Attacken und bereitete mich darauf vor, die Tür öffnen zu müssen, aber siehe da! Nach wenigen Minuten emsigen Herumwirbelns belohnte uns die achtungsgebietende Kreatur mit ihrem Ableben. Während ich den treuen Wurzelholzstab wegsteckte, verabschiedete sich Daniel und ich betrachtete das tote Mistvieh genauer. Die Haut des Drachen erschien mir recht widerstandsfähig und ich beschloss, Huzruck einmal zu fragen, ob man daraus nicht einen Gürtel machen könne.

Der Herr der Mine

Als ich mit meiner Obduktion fertig war, stellte ich fest, dass ich auf einmal allein in der ungemütlichen Mine stand. Ich klemmte den Bleistift hinters Ohr und guckte mich ein wenig um. Nur einen Raum weiter traf ich auf zwei Zauberer, die meinen Kampfstock misstrauisch beäugten. Leider wussten sie gar nichts von Lug oder dem Geheimnis des Schwarzen Schneemanns, sondern waren hier, um irgendwelche langweiligen Messungen vorzunehmen. Ich merkte sie mir zum Nachtisch vor und steckte meinen Notizblock vorerst wieder weg. Weiter ging die Besichtigungstour. Eigentlich gefiel mir die Mine immer besser. Mithilfe des dritten Auges auf meiner Stirn (ein Andenken aus Moulokin) suchte ich ein wenig nach Störungen im Gefüge der Welt, aber beruhigenderweise scheint es hier nur eine Parallelwelt zu geben … wenigstens etwas, dachte ich mir. An einer engen Stelle versperrte mir auf einmal ein besonders hässliches Risswesen den Weg. „Hör mal“, meinte ich leicht gereizt, „lass mich durch oder du kriegst nen Verweis. Ich muss einen Bericht schreiben!“ Ich war gerade im Begriff, meinen Notizblock wieder zu zücken, um es nach Lug zu fragen, als jemand plötzlich neben mir einen Tarnhelm absetzte. Noch während ich salutierte, hatte der General den Frechdachs abgeräumt und machte eine einladende Geste, ihm zu folgen. Erfreut atmete ich aus und robbte hinter ihm her nach oben. Kaum oben angekommen, landeten wir in einer gleißend hellen Höhle, in dem ein sehr beeindruckender Saphirdrache sich von mir vermessen, untersuchen und vorsichtig betasten ließ. Ich hatte das Gefühl, dass er sich vermutlich am besten mit irgendetwas Spitzem piksen ließ und guckte mit langem Gesicht auf Gulahrs Gram und meinen Erinnyas. Das kann ja heiter werden, dachte ich mir. Wurde es dann auch. Ich kann allen prospektiven Takal’Mor wärmstens empfehlen, mit einem gemischten Kommando dort anzurücken. Saphi haute uns eine ganze Weile mit dem Schwanz durch die Gegend oder packte uns gleich am Schlafittchen (nanu, schreibt sich das nicht mit f?) und beförderte uns in einer anderen Dimension vor den Eingang der Mine, in der ich mich inzwischen richtig heimisch fühlte. Irgendwann war es dann soweit und der Drache lag in seinem eigenen Saft vor uns. Eine recht große Schuppe sah so aus, als könnte man etwas Schickes daraus machen, also lieh ich mir von einem nebenan stehenden Saphirfresser sein Messer und schnitt damit einen recht kühlen Schild zurecht. Der Schädeltest am wiedererwachten Risswesen hätte Lug ein anerkennendes Nicken entlockt.

Ein sehr unköniglicher König

Wir überlegten, in welcher wenig frequentierten aber ausgefallen Kneipe wir unseren Sieg feiern könnten, als uns auffiel, dass es hinter dem toten Saphirfresser noch weiter hinunterging. Nach ein wenig auf und ab und ein paar schleimigen Monstern, die sich irgendwie in unsere Schwerter und Stäbe stürzten, um dort zuckend zu verenden, kamen wir in eine Art Thronraum. Er troff von Schleim und gammelndem Blut, dass man sich sehr vorsehen musste, sich nicht das Fell zu ruinieren. Ein paar Eisunholde schauten ärgerlich, als wir sie nur ein ganz klein wenig mit unseren Waffen hauten. Besonders der König hatte es auf unsere Weichteile abgesehen. Nachdem seine Begleiter jedoch gefallen waren, hatte er uns nichts mehr entgegenzusetzen. Seine Kopfbedeckung sah nach einer attraktiven und relativ leicht erreichbaren Alternative zur allseits beliebten Krone des Kristalldrachens aus. Außerdem hinterließ er einen Zahn, der für Anhänger des Chaos bestimmt interessant ist.

In der Höhle unter der Höhle

Auf dem Rückweg war ich dann doch schon so mit den Gedanken bei einem saftigen Schafsteak à la Umjak, dass ich bei dem Versuch, einem im Weg stehenden Pinguin auszuweichen, prompt in einen Wasserfall schlitterte und einen schmalen Spalt nach unten plumpste. Während ich mir noch das kalte Wasser aus dem Fell schüttelte, kam Gulahr mit Todesverachtung rückendeckend hinterhergesprungen. Um es kurz zu machen: Die Quabbelschleimblubs waren keine Herausforderung, denn es handelte sich ausnahmslos um Entitäten aus einer eher gewöhnlich wirkenden Unparallelwelt. Nichtsdestotrotz nahmen wir Gold und Fähnchen gerne mit. Irgendwovon muss man ja schließlich das nächste Gelage finanzieren.

Schlechter Handel mit einem Monster

Etwas später am Abend schrieb ich bei einem Becher Moorblut gerade die letzten Zeilen in meinen Notizblock, als ein furchteinflößendes Monster sich an meinen Tisch setzte. „Wir kennen uns“, maunzte die schlampig ausgerüstete Feline. „Ich bins, Dein anderes Ich aus der Normalwelt.“ Etwas von oben herab betrachtete ich sie. „Habt ihr auf Normal alle diese lächerlichen Hosen an?“ Ihre Augen blitzten kurz auf, aber sie steckte die Beleidigung ein. „Hör mal“, meinte sie nun mit großen runden Kulleraugen. „Ich muss für Briesel nen Bericht abgeben, aus DEINER Welt. Kannst Du den nicht einfach für mich machen? Wir sind ja sozusagen eine Einheit!“ Wut packte mich. Ich zog Tutszt, der am Nebentisch gemütlich mit Xutelius eine lauwarme Milch trank, den Vollstrecker aus dem Gürtel und setzte ihn ihr an den Hals. „Schon gut, schon gut … ich spendier Dir einen, ja?“ Grummelnd ließ ich das Flittchen zur Theke stöckeln und mir ein paar Becher vom Besten des Wirts bringen. Als ich jedoch den ersten Schluck genommen hatte, wurde mir schwarz vor Augen. Ich bemerkte noch, wie die niederträchtige Normal-Feline sich über mich beugte, dann schwanden mir die Sinne. Als ich aufwachte, war die Feline weg und mein Notizblock fehlte ebenfalls. Die Sonne ging gerade auf. „So eine Mistkatze“, dachte ich mir, „irgendwann werde ich sie kriegen. Und dann wird sie sehen, was es bedeutet, sich mit einem Wesen aus Para anzulegen …“

Derin, Takal’Mor aus der Parallelwelt

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