- von Gulahr -
Voller Vorfreude betrat ich das Büro des Struvkommandanten. Ich hatte alle Voraussetzungen erfüllt, um in den Rang eines Zerstörers befördert zu werden und somit das Geheimnis des Ausweichens von Zaubersprüchen zu erlernen. Doch Brieseltrim schien keinen guten Tag zu haben (hat er den überhaupt mal?!). Anstatt mir zu gratulieren und mich zu ermutigen, mich noch weiter zu entwickeln, um es letztendlich in den Rang eines Zalkh’Batar zu schaffen, warf er mir grummelnd meine neuen Rangabzeichen entgegen und rollte eine schier unendlich lange Liste auf seinem Schreibtisch aus:
„So, zum Zerstörer hast Du Nichtsnutz es also gebracht, aber ich habe ein paar Erkundigungen bei Deinen Ausbildern eingeholt.“
Er fing an, die Liste Punkt für Punkt durchzugehen und mir – fies lächelnd – im Einzelnen zu erklären, wie mangelhaft meine Leistungen in den erlernten Fähigkeiten doch seien. Bei jedem neuen Punkt sank ich etwas weiter in mich zusammen und sah die nächste Beförderung in immer weitere Ferne rücken. War ich doch eben noch so froh, hatte mir Brieseltrim dieses doch gründlich ausgetrieben. Als er mit der Liste endlich durch war, musterte er mich grinsend und meinte:
„Da ist noch eine Kleinigkeit. Du musst für mich einen Bericht anfertigen und zwar zu dem Thema ‚Kneipentour – …'“
Sobald ich das gehört hatte, waren die Rügen davor fast vollends vergessen. Ich durfte durch Kneipen ziehen, mich in wilden Gelagen betrinken und sollte dafür sogar noch befördert werden. Doch Brieseltrim sah meinen erfreuten Gesichtsausdruck und ergänzte:
„‚… Wenig frequentierte und ausgefallene Ausflugsziele.'“
Urgs … wenig frequentiert?! Das hieß, ich würde mich alleine betrinken müssen und wahrscheinlich würde es nicht mal schmecken, warum sollte die Kneipe sonst wenig frequentiert sein?! Das war es. Der Tag war nicht mehr zu retten. Selbst die Ausbildung bei Frakh konnte ich nicht mehr genießen und machte nur halbherzig mit. Das Einzige, was hier ein wenig Abhilfe schaffen könnte, wäre ein zünftiges Saufgelage mit ein paar Kameraden und so verabredete ich mich mit einigen in der Struvkneipe. Wir setzten uns an einen Tisch und tranken um die Wette. Wer als letzter am Tisch saß brauche ich ja wohl nicht zu erwähnen (denn ich war es nicht). Dennoch saßen wir den Abend noch länger dort zusammen und ich berichtete von dem schrecklichen Besuch bei Brieseltrim. Natürlich nicht in jammerndem Tonfall – ich bin schließlich kein Zauberer. Wir kamen dann zusammen auf die Idee, dass die Struvkneipe ja schon eine ausgefallene Kneipe sei. Nirgendwo konnte man so gute Saufgelage machen wie hier, um anschließend sogar noch mit seinen schlechten Leberwerten prahlen zu können, welche der Zwergelefant für einen gemessen hat. Ein jeder Trves sollte diese Kneipe eh kennen, doch hat sie eine Erwähnung sicher verdient.
In den nächsten Tagen befragte ich diverse Freunde, ob sie nicht ein paar Ideen hätten, wo ich geeignete Kneipen finden könnte. Als erstes wurde ich zu einem Vulkan in der Nähe des Elfendorfes geschickt, allerdings stand ich ziemlich ratlos davor, fand ich doch keinen Eingang. Fast wollte ich wieder umdrehen, da hörte ich doch Brieseltrims Stimme in meinem Kopf:
„So leicht gibst du also auf, dann wird das wohl nie etwas mit der nächsten Beförderung!“
Seufzend machte ich mich daran, mich weiter umzuschauen. Es dauerte eine ganze Weile, doch ich hatte es dann tatsächlich geschafft und stand im Inneren des Vulkans. Ich ignorierte den ansässigen Drachen erst einmal und suchte meinen weiteren Weg durch den Vulkan, was sich glücklicherweise als einfacher herausstellte. Da stand ich nun im berühmt-berüchtigten ‚Fegefeuer‘. Die ersten Minuten kam ich nicht dazu, mich näher umzusehen, denn meine Augen ruhten funkelnd auf der kneipeneigenen Arena. Ich konnte es nicht fassen. Eine Kneipe – eine Arena – was wollte man mehr? Ganz klar, die Barbaren, die aufgereiht und kampfbereit dort standen. Na die sahen doch nach ordentlichen Gegnern aus, eines Zerstörers würdig. Das musste ich ausprobieren und so forderte ich den erstbesten Barbaren heraus und stieg in die Arena. So gleich fing dieser an, mich mit Schlägen einzudecken. Mit so einer Gegenwehr hatte ich nicht gerechnet. Der Kampf ging eine Weile und ich schaffte es nur mühsam, meinem Tod zu entrinnen. Als der Barbar fiel, blutete ich aus zahlreichen Wunden. Das würde ich bei Gelegenheit einmal wiederholen, doch zunächst hatte ich Wichtigeres zu tun, musste ich doch, sobald ich verarztet war, den Rest des Fegefeuers auch einmal etwas näher anschauen. Die Arena war bei Weitem nicht das einzige Ausgefallene hier. Es gab eine riesige Bühne mit einem Spielmannstrupp und Tänzerinnen und Tänzern in Käfigen. Diese Kneipe ist eindeutig sehr empfehlenswert.
Es war kaum zu glauben, bisher machte dieser Ausflug richtig Spaß. Doch wohin sollte ich als nächstes gehen? Ich überlegte ein Weilchen und mir viel eine sehr ruhige Kneipe in einem düsteren Wald ein. Diesen hatte ich vor nicht allzu langer Zeit im Auftrag eines Engels vom Bösen befreit. Ich hatte mir diese Kneipe zwar nur flüchtig angeschaut, doch sie machte einen ausgefallenen und ruhigen Eindruck. Ich machte mich also auf den Weg dorthin, um sie noch einmal genauer anzuschauen und meine Erinnerungen aufzufrischen. Zielstrebig fand ich den versteckten Eingang wieder und schon stand ich erneut in der ‚Untoten-Bar‘. Hier war man anscheinend unterhalb der Erdoberfläche. Der Wirt wirkte … nun ja … tot. Das schien ihn aber nicht daran zu hindern, seiner Arbeit nachzugehen, obwohl es bei der riesigen Anzahl an Gästen (genau einer) nicht viel zu tun gab. Ich warf einen Blick auf die Speisekarte. Dort standen so ekelhafte Sachen wie Eiter, Sabber und Leichengift. Diese ungewöhnlichen Sachen zu probieren, ging mir dann doch zu weit, aber vielleicht schmecken die ja auch gar nicht so schlecht …*würg*. Nun gut, diesen merkwürdigen Ort wollte ich dann doch wieder verlassen, aber wo war der Ausgang? Es dauerte ein Weilchen, bis ich mich daran erinnerte, wie ich es damals geschafft hatte, diese Bar zu verlassen. Auch den Wald ließ ich zielstrebig hinter mir, war dieser doch schon wieder genau so düster und voll von Bösem wie damals. Ob es wohl jemals dauerhaft aus dem Wald verbannt werden würde?
Um den Tag richtig ausklingen zu lassen, wollte ich ein bisschen in die Katakomben im Verlorenen Land gehen und den ganzen untoten Wesen dort zeigen, wie man mit einem Schwert umgeht. Ich arbeitete mich tiefer in die Katakomben vor, auch wenn mir bei diesen Untoten das Blut an meinem Schwert fehlte. Doch was war das? Ein pechschwarzes Portal, welches mir vorher noch nie aufgefallen war. Anscheinend musste ich mich bei meinen früheren Besuchen doch noch mehr auf die Kämpfe konzentrieren, sonst hätte ich dieses wohl kaum übersehen. Nicht lange zögernd trat ich hindurch und nachdem ich einen sehr merkwürdigen Raum hinter mir gelassen hatte, gelangte ich in die sogenannte ‚Katakomben-Nacktbar‘. Ein sehr seltsamer Ort, sah ich doch eine strippende Mumie, welche von anderen Untoten angegafft wurde *schauder*. Die Speise- und Getränkekarte machte auch einen … hmm … interessanten Eindruck, da ich mich aber nicht unbedingt von einem untoten Priester bedienen lassen wollte, machte ich mich doch daran, diesen Ort wieder zu verlassen. Meine Konzentration für diesen Tag war hinüber, konnte ich doch den Anblick der strippenden Mumie nicht verdrängen.
Ich entschloss mich zu Bett zu gehen, doch der Schlaf war wenig erholsam, träumte ich doch davon, wie eine schon halb ausgezogene Mumie mich in der Arena der Fegefeuers verprügelte und ich einfach nur dort stand und sie gewähren ließ, während der Spielmannstrupp schon ein Lied zu meinem Tode spielte. Als ich am nächsten Morgen schweißgebadet aufwachte, beschloss ich, dass es zunächst einmal wieder Zeit wäre, mich richtigen Trves-Angelegenheiten zu widmen. So suchte ich mir ein paar Freunde zusammen, mit denen ich mich auf machte, um den Drachen Hez’Zoarath, welcher tief in der Schreckensspitze lebt, zu erschlagen, da dies ebenfalls eine Bedingung des Struvkommandanten war, um mich ein weiteres Mal zu befördern.
Nachdem wir den ersten Teil der Feuerebene von den Bewohnern befreit hatten, standen wir in der ‚brutzelnden Pfanne‘ … na sowas … eine Kneipe inmitten einer Feuerstadt und umzingelt von Gegnern … daraus würde sich doch etwas machen lassen. Wie könnte diese Kneipe einem Trves nicht gefallen, nachdem man die lästigen Gäste aus dem Weg geschafft hat? Eine ganze Stadt mit Gegnern drumherum, damit das Blut an der Waffe auch ja nicht trocknen kann. Auch das Essen und Trinken gab hier doch wesentlich mehr her als in den vergangenen Kneipen. Zumindest wurde einem nicht schon vom Lesen der Karte übel. Während wir uns dem Drachen entgegenstellten, kehrten wir immer wieder hierher zurück und erfrischten uns. Als der Drache dann endlich blutend zu Boden fiel und sich nicht mehr rührte, konnten wir uns wieder auf den Rückweg machen. Dieser Ausflug hatte sich doch mal gelohnt, ich hatte eine weitere Kneipe entdeckt und den Drachen tatsächlich besiegen können.
Nach diesen Strapazen wollte ich mich ein wenig entspannen. Wo kann man das besser, also an einem wunderschönen Strand mit einem Kokosschnaps in der Hand. Ich machte mich also auf den Weg zu einem alten Freund, welchem ich einmal geholfen hatte. Sein Haus befindet sich in der Nähe des Weihers und da ich schon früher dort war, kannte ich mich dort auch aus. Um zu dem schönen Ort in seinem Haus zu kommen, musste ich jedoch erstmal durch den Sumpf und die Kanalisation, ebenso wie einen Tempel und die Eiswüste. Was ein merkwürdig großes Haus er doch besitzt. Egal, ich hatte es geschafft und stand an einem traumhaften Strand und holte mir an der Strandbar meinen ersehnten Kokosschnaps. Etwas gewöhnungsbedürftig, von einer Glaskugel bedient zu werden, dennoch schmeckte der Schnaps und ich entspannte mich bei einem kleinen Sonnenbad und einer Runde im Meer zur anschließenden Abkühlung.
Nachdem ich die nächste Nacht wieder wesentlich erholsamer verbracht hatte, fühlte ich mich wieder fit und voller Tatendrang. Ich erinnerte mich an einen Tipp, das Reich der Dunkelelfen einmal näher zu erkunden. Dort sollte es eine skurrile Kneipe für Abenteurer geben. Um mich dort ungehindert umsehen zu können, tarnte ich mich als Dunkelelf. Das Ausrotten dieser schrecklichen Kreaturen konnte schließlich noch warten. Ich begann mich in Zzerenzzen umzuschauen, aber ich entdeckte nicht die geringste Spur der besagten Kneipe. Der Verzweiflung nahe, hörte ich plötzlich Musik, konnte allerdings nicht erkennen, wo sie herkam, stand ich doch in einer Sackgasse. Nach einiger Zeit und unter Aufbringung all meiner Fantasie gelang es mir jedoch, dieses Hindernis zu überwinden. Da stand ich also im „Schlachthof“ und die Einrichtung passt zu dem Namen. Die anwesenden Gäste – vorwiegend Zwerge – schienen unter anderem bei Würfelspielen Spaß zu haben. Nach einem längeren Gespräch erfuhr ich von dem Wirt, dass er Probleme mit den ansässigen Dunkelelfen hatte, würden sie es doch immer wieder schaffen, in seinen Keller zu gelangen. Er bat mich, mich dort einmal umzuschauen, was sich allerdings schnell als größere Aufgabe herausstellte und ich es somit erstmal aufschob. Es wäre sicher interessant und eines Trves würdig, dies bei Gelegenheit nachzuholen, wirkte der Keller doch nicht ungefährlich.
Mit den gesammelten Informationen der letzten anstrengenden Tage setzte ich mich nun hin, diesen Bericht zu verfassen. War es doch zunächst für mich schwer vorstellbar gewesen, dass man auch in weniger besuchten und ausgefallenen Kneipen Spaß, Gefahren und Herausforderungen finden konnte, so wurde ich eines Besseren belehrt. Allerdings wurde es nun wirklich Zeit, meiner Leber ein wenig Arbeit zu verschaffen, hatte das Dutzend Kokosschnäpse gestern doch Appetit auf mehr gemacht.
Takal’Mor Gulahr