- von Alcina -
Endlich kann ich dem schon seit Langem hinter vorgehaltener Hand und viel diskutiertem Thema, unterstützt durch das Wohlwollen unseres Kommandanten Brieseltrim Grieselhuck, eine offizielle Version hinzufügen, um die alten Streitigkeiten zu beenden.
Als erstes werde ich einen Abriss aus meiner Sicht und der meiner Kämpfergefährten über die aktuelle Situation der Zauberer geben, um im Folgenden auf einen Lösungsansatz zu sprechen zu kommen. Hierbei beziehe ich mich auf die Erfahrungen über Zauberer, die ich besonders während der Ausbildung mit meinen Gefährten ausgetauscht habe. Aus der Gefahr heraus, mich zu sehr auf Informationen aus zweiter Hand stützen zu müssen, machte ich mehrere Ausflüge mit Zauberern, bei denen ich besonders auf das Verhalten der Spitzhüte achtete. Brieseltrim gab mir den nötigen Rückhalt, um nicht unter den Trves als ´Zaubispalter´ in Verruf zu geraten. Lange Stunden verbrachte ich mit der Auswertung meiner Notizen und Beobachtungen. Als Ergebnis konnte ich einen Verhaltenskatalog von Zauberern zusammenstellen.
„Bedingt durch unsere Fähigkeit, magische Energie zu kanalisieren, steht es in unserer Möglichkeit, unsere Rüstung auf eine Weise, deren Erklärung jedoch den Diskussionsrahmen sprengen würde, zu beeinflussen, so dass sie den plump wirkenden Panzerungen, welche von Euch Kämpfern getragen werden, in keinster Weise nachsteht, im Gegenteil sogar noch vor weitaus anderen Schadensarten, die Personen, die nur ein bedingtes Verständnis von Yrdmagie besitzen, nicht zugänglich ist, schützt.“
In der Tat ist mir das öfter zu sehende Aufblitzen bestimmter Panzerungsteile nicht verständlich.
Er breitete seine Hände aus und sagte „Schutz“. Sollte dies mein Stichwort sein? Verwirrt aufgrund der Abwesenheit der Gegner und der gebetenen Vorbereitungszeit, bereitete ich mich vor, dem Zauberer, der nun scheinbar seine Rüstungsschwäche einzugestehen begann, pflichtbewusst Rückendeckung zu geben und somit seiner Bitte nachzukommen. Während ich den Gedanken abwägte, begann mein zukünftiger Kampfgefährte eine seltsame, rituelle Melodie zu singen. Er bewegte sich plötzlich hektisch, als ihm eine dritte Hand wuchs. Daraufhin wurde ätzendes Drachenblut über die Hand gegossen. Vermutlich wollte er diesen kleinen Schönheitsfehler, resultierend aus einem vorangegangen Patzer, korrigieren, was nur verständlich ist. Scheinbar endlos schienen sich diese Rituale hinzuziehen, als er plötzlich ein „Los“ hervorzischte.
Der waffenlose Kampfstil der Zauberer scheint dem der Trves nicht sehr ähnlich: Er berührte unseren gemeinsamen Gegner mit seinen verätzten Händen, anstatt mit Fäusten zu kämpfen. Jedoch hatte ich den Eindruck, dass er dem Gegner damit erheblichen Schaden zufügte. Ansonsten gab es nicht viel von Technik sehen. Nach einiger Zeit hatten wir den Gegner besiegt. Ich bemerkte, dass mein Kampfgefährte recht frisch aussah – die Rückendeckung hatte auch hier wieder gute Dienste geleistet; sogar seine kleine Unpässlichkeit mit der zusätzlichen Hand war behoben, weswegen ich ihm das renommierte Hospital in Nibelheim zur Behebung solcher Leiden nicht empfahl.
Mitten im Kampf – mein Gefährte hatte schon einige Blessuren davongetragen – machte er eine Pirouette. Was hatte er nun wieder vor? Für Kultur scheinen diese hageren Zeitgenossen viel übrig zu haben: Erst singen sie vor dem Kampf, dann beginnen sie zu tanzen; dass ihnen die Pflege ihres Kulturgutes in solchen Momenten mehr am Herzen liegt als ein zünftiger Kampf, passte gut in das Bild, dass ich mir von den Spitzhüten bis jetzt machen konnte. Oder wollte er damit den Gegner ablenken? Da er keine Waffe dabei hatte und so auch keinen Waffentrick machen konnte, wäre das zwar eine ungewöhnliche, aber vielleicht wirksame Methode. Aber plötzlich war der Zauberer verschwunden. Hatte er wieder einen Patzer hinnehmen müssen und war in andere Sphären entschwunden? Aber schon nach kurzer Zeit war er wieder bei mir, von seinen Wunden nichts mehr zu sehen. Möglicherweise hatte er sich zurückgezogen, um sich magisch zu heilen.
Viele Fragen tauchten auf; ich würde ihn wohl um eine Erklärung bitten müssen. Möglicherweise hatte ich all seine, mir immer noch unverständlichen Verhaltensweisen nur falsch interpretiert. Ein Gespräch mit ihm würde sicherlich Licht in seine obskuren Handlungen bringen und schon bald bot sich eine exzellente Gelegenheit.
Nachdem wir gemeinsam schon einige Tage unterwegs waren, wurde mein Notizblock immer voller von Beobachtungen über meinen Kampfgefährten, so dass ich mir schließlich einen zweiten und dritten kaufte. Wir saßen gemeinsam auf einer paradiesischen Wiese, um unser abendliches Mahl einzunehmen, als ich wiederum zu Papier und Bleistift griff, um die Ereignisse und Auffälligkeiten des Tages schriftlich festzuhalten. Er fragte mich nach dem Zweck meiner Notizen und das war eine gute Möglichkeit, mich nach seinem, etwas befremdlichen Kampfstil zu erkundigen. Auch erschien er mir nicht mehr so grimmig und eine sehr fruchtbare Diskussion entfachte, in der er mir vom Wesen der Magie und ihren Möglichkeiten berichtete. Ich war erstaunt über die zahlreichen Varianten des Einsatzes von Magie, die mein Gefährte zum Besten gab und konnte so allmählich die ganzen Rituale vor und während des Kampfes nachvollziehen. Auch von meiner Seite erklärte ich ihm Fähigkeiten und Fertigkeiten der Trves und sah an seinem oft erstaunten Gesicht, dass ich auch ihm viel Neues über uns Kämpfer erzählten konnte. Nachdem wir von der jeweils anderen Gilde zwar nur einen Abriss, aber dennoch ausreichend großen Einblick erlangt hatten, machten wir uns daran, Pläne zu schmieden, um unsere Techniken so aufeinander abzustimmen, dass sie uns zusammen effektiver kämpfen lassen würden. In den nächsten Tagen begannen wir, die graue Theorie in die Tat umzusetzen und erkannten, dass sich beide Gilden ausgezeichnet ergänzen können (wie ich später auch in Zaivans Bericht über die Kooperation zwischen den Gilden nachlesen konnte). Als günstigste Konstellation empfanden wir beide, wenn sich der Kämpfer in der ersten Reihe auf den mechanischen und der Zauberer in der zweiten Reihe den magischen Schaden konzentriert, da Kämpfer fast ausschließlich Nahkampftechniken und Zauberer hauptsächlich Fernkampftechniken beherrschen.
Als besondere Herausforderung erwiesen sich Gegner, die uns sowohl mit magischem, als auch mechanischem Schaden attackierten. Aber auch da hatten wir, dank unserer gemeinsamen technischen Überlegungen bald eine Lösung parat, die auch in der Realität – nicht nur in unserer Theorie – sehr gut funktioniert.
Zusammenfassend kann ich feststellen, dass der Stil der Zauberer vergleichend zu dem der Kämpfer völlig unterschiedlich ist. Der Konflikt und die Missverständnisse zwischen den Gilden, die über verschiedene Wege ausgetragen werden, beruhen meiner Meinung nach auf dem unzulänglichen Wissen voneinander. Die Fähigkeiten der beiden Gilden könnten während des Teamkampfes viel effektiver eingesetzt werden, wenn beide Seiten mehr voneinander wissen würden. An dieser Stelle möchte ich den Vorschlag machen, zur Probe Seminare für Zauberer anzubieten, in denen diese etwas über das Kampfverhalten der Trves lernen können, denn ich denke, dass unser Verhalten eventuell ähnlich befremdlich auf sie wirken kann, wie das ihrige auf uns. Ideen zur Zusammenarbeit zwischen Gilden liefert das historische Dokument des Generals Zaivan, der seiner Zeit einen Bericht zu dem Thema verfasst hat.
Meine persönliche Idee zu der Zusammenarbeit während des Kampfes möchte ich dennoch niederschreiben:
Zauberer vermögen es, scheinbar den Gegner zu verwirren, magischen Schutz zu bieten und Energien so zu bündeln, dass sie über Entfernung hinweg den Gegner empfindlich unter Druck setzen können. Jedoch, finde ich, sollte das nahe am Feind stehen uns Kämpfern überlassen werden. Schließlich haben wir ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten, den Gegner in seiner Kampfkraft einzuschränken, als die Zauberer.
Sicherlich ist es nicht immer von Nöten, an seiner Seite einen Zauberer zu wissen, doch muss ich zugeben, dass ich während meiner Nachforschungen das Können dieser, wenn auch manchmal merkwürdig erscheinenden Magiekundigen, zu schätzen gelernt habe. Eine mögliche Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche könnte Konflikten vorbeugen und die Zufriedenheit der Kämpfenden steigern. Die Kampfkraft des Teams kann durch eine solche Absprache enorm gesteigert werden, so dass auch gefürchtete Gegner mit mehr Sicherheit angegangen werden können. Vielleicht ist es den Zauberern möglich, in diesem Sinne zu forschen und andere magische Fähigkeiten zu entdecken, welche dem Teamgeiste zu Gute kommen könnten.
Ich denke, dass der bisherige Konflikt zwischen Kämpfern und Zauberern aus einem gewissen Maß an Unkenntnis und dem daraus resultierenden Unverständnis entstanden ist. Es wird Zeit, Transparenz in die Sache zu bringen. Hierbei sind beide Gilden, sowohl Zauberer als auch Kämpfer, aufgefordert zu handeln. Es sollte nicht ausgeschlossen werden, dass in bestimmten Bereichen Konzepte verändert werden müssen, damit gute Vorsätze realisiert werden können. Der Rahmen für ein besseres Zusammenleben ist sicherlich gegeben, jedoch bedarf es einiger Feinabstimmungen. Hiermit rufe ich alle Kämpfer und Zauberer auf, Ideen, Vorschläge und Wünsche öffentlich zu äußern, ohne die sachliche Ebene zu verlassen und anmaßend zu werden. Schließlich soll dieser Bericht einen positiven Beitrag zu dem Thema Zauberer und Kämpfer beitragen.
Bedingt durch das Ausbildungskonzept scheint das Teamkämpfen den Trves von Anfang an in die Wiege gelegt zu werden, Zauberer hingegen werden auf das Einzelkämpfen getrimmt. Schade, dass es dort scheinbar als Schwäche zählt, wenn über Verstärkung nachgedacht wird.
Mögen gewisse Einstellungen gründlich überdacht werden.
Alcina